Stranger Than Usual

CSU: Die Verbotspartei

Jetzt ist es soweit: in Bayern sind jetzt genderneutrale Bezeichnungen für Beamtinnen verboten. Die Diskussion darum brodelt ja schon eine Weile. Interessanterweise geht es meist darum, dass angeblich überall genderneutrale Sprache (also Konstrukte wie InformatikerInnen, Informatiker*innen oder Informatiker_innen) vorgeschrieben sei, und dass es ja viel zu unterdrückend sei, wenn man versucht, sich neutral auszudrücken.

Ich möchte hier nicht über die Sinnhaftigkeit dieser genderneutralen Konstrukte sprechen. Ich haben von Linguisten und Psychologen einige gute Argumente gehört, warum es sinnvoll ist, sie zu benutzen, aber ich selber habe da mangels Expertise keine starke Meinung.

Was mich aber wirklich anpisst in dieser Diskussion ist das oben beschriebene Framing. In der Realität beobachte ich nämlich von den Verfechtern der genderneutralen Sprache schlimmstensfalls ein „es wäre schön, wenn ihr das machen würdet“, in den meisten Fällen beobachte ich aber nur einfach, dass sie es machen. Es wird ein Politikum, aber kein großes, ein kleines Detail, um in die Gesellschaft ein kleines bisschen in die richtige Richtung zu bewegen.

Die Gegner dieser Sprachkonstrukte hingegen sind laut, beschweren sich über bevormundung, beschimpfen Leute, die diese Konstrukte benutzen, und so weiter. Tatsache ist aber: niemand zwingt sie, diese Konstrukte zu verwenden.

Und jetzt dieses neue Gesetz in Bayern. Aus dem oben verlinkten Artikel:

Es gehe darum, "die Diskursräume in einer liberalen offenen Gesellschaft tatsächlich offenzuhalten und nicht weiter zu verdrängen", sagte der CSU-Politiker.

Interessant. Um Diskursräume in einer liberalen offenen Gesellschaft offenzuhalten muss neutrale Sprache in öffentlichen Einrichtungen verboten werden? Den Gedankengang verstehe ich nicht.

Es sei "häufig zu erleben", dass Teile der Bevölkerung mit "großem missionarischen Eifer" unterwegs seien und es in bestimmten Milieus "faktisch zu einem Zwang" komme und ein "moralischer Druck" zum Gendern entstehe.

Ach ja. Und um diesem moralischen Druck etwas entgegenzusetzen verbieten wir das jetzt einfach? Und wie gesagt, den „missionarischen Eifer“ sehe ich eher bei denen, die immer gegen diese Sprache wettern.

Und woran erkennt man, dass das Gesetz wirklich, wirklich Scheiße ist? Ganz einfach: der AfD gefällt es:

"Linksgrüne, genderideologische Schreib- und Sprechvorgaben" seien eine Bevormundung der Bürger.

Das klingt ja schon einmal wieder voll nach AfD-Rhetorik. Ist es ja auch. Übersieht nur praktischerweise, dass es erstens keine Sprachvorgaben gab und zweitens dieses Gesetzt selber eine Sprachvorgabe und eine Bevormundung der Bürger ist. Aber naja, was soll man von den Rechtsextremen schon erwarten?

Auch wirklich ärgerlich finde ich in diesem Zusammenhang, dass z.B. den Grünen immer vorgeworfen wird eine „Verbotspartei“ zu sein, die immer nue Spielverderber seien und allen ihren Spaß nehmen wollen, und die außerdem viel zu viel Zeit damit verbringen, sich um unwichtige Dinge wie zum Beispiel genderneutrale Sprache zu kümmern. In Wirklichkeit sind aber eher die C-Parteien die Verbotsparteien, die sich so sehr an den angeblich so unwichtigen Dingen wie genderneutraler Sprache festbeißen.

So genug gerantet, ab ins Bett. Gute Nacht an alle Leser_innen.

Update 2024-03-20:

Der Volksverpetzer hat dazu auch einen Artikel, in dem insbesonders noch einmal schön dargestellt wird, warum die C-Parteien die „Verbotsparteien“ sind.