Stranger Than Usual

Ah, the cactus.

Truly the most tsundere of plants.

— Undertale

Kann das hier mal jemand der CDU/CSU zeigen?

Die gesamte Politik ist in den letzten Jahren ja nach rechts gerückt. Im verzweifelten Versuch, der AfD Herr zu werden rücken die anderen Parteien, allen voran CDU und CSU immer weiter nach rechts. Die Idee: Die Themen der AfD aufgreifen, damit die Wähler wieder die CDU wählen anstatt der AfD.

Wie Politikwissenschaftler aber immer wieder gezeigt haben: Das funktioniert nicht. Die Wähler denken sich dann: „Oh, vorher wollte ich die AfD nicht wählen, weil sie zu extrem war. Aber die CDU hat die gleichen Themen, also ist das ja nicht extrem. Da kann ich dann ja auch die AfD wählen.“ Oder anders: Rechtsradikalität wird gesellschaftsfähig, da wählen die Leute lieber das Original.

Das hat auch die AfD selber erkannt. Die halten sich für „koalitionsfähig“. Kann jemand das den anderen bitte sagen? Ach warte, denen wurde das schon gesagt.

Ich frage mich, welche von den noch demokratischen Parteien als erste auf Landes- oder Bundesebene umkippt und mit der AfD koaliert. Ich würde ja auf CDU/CSU tippen. Und dann werden einige Leute hier in Deutschland ein böses Erwachen haben, die sich dachten, es wird schon nicht so schlimm mit der AfD. So wie die Trumpwähler, die nach der Wahl gegoogled haben was eigentlich Zölle sind und wie sie die Lebensmittelpreise beeinflussen.

Advent of Code-Visualisierungsgif

Ein Highlight des Advent of Code-Community sind ja Visualisierungen der Puzzle. Bei manchen Puzzlen ist das naheliegender, bei anderen weniger. Manche Visualisierungen sind sehr konkret auf das Problem bezogen (z.B. der Pfad durch einen Irrgarten), andere eher abstrakt (z.B. das Verhalten von Knoten einer Graphendarstellung des Problems). Manchmal kann man den Lösungsweg an der Animation gut sehen, manchmal sieht man einfach nur eine Darstellung der Lösung. Auch der Stil unterscheidet sich erheblich, von bunten Puxeldarstellungen über Sprite-basierte Grafiken bis hin zu 3D-Grafiken.

Heute habe ich jemanden gefunden, der animierte Darstellungen aller bisherigen AoC-Puzzle als GIF-Dateien erstellt hat. Es lohnt, sich das anzuschauen. Viel Spaß!

Advent of Code 2024

Es ist wieder Advent of Code. Das heißt 25 Tage jeden Tag ein Programmierpuzzle während man Santas Elfen dabei zusieht, die Dinge auf eine etwas… eigene Art zu erledigen.

Nachdem man in den letzten Jahren Schnee machen, den Schlüssel von Santas Schlitten vom Meeresgrund fischen, Rentierfutter besorgen oder Santa vom Rand des Sonnensystems retten musste (und in einem Fall einfach mal Urlaub machen wollte), muss man dieses Jahr Santas Chefhistoriker finden, der sich irgendwo in der Weltgeschichte herumtreibt.

Das erste Puzzle war wie üblich einfach, und üblicherweise steigt die Schwierigkeit im Laufe des Monats im Schnitt an, die Puzzle sind also sowohl etwas für Programmieranfänger als auch für erfahrene Programmierer. Alle Puzzle können mit zehn Jahre alter Hardware in 15 Sekunden lösbar sein. Es gibt also immer eine halbwegs effiziente Lösung.

Man kann die Puzzle in jeder Programmiersprache (und theoritisch auch auf vöölig andere Weise als Programmieren) lösen. Ich schreibe meine Lösungen wir üblich in Rust, meine Lösungen sind wie üblich auf GitHub (falls mich jemand fragt: „Warum GitHub?“, die Antwort ist: Konsistenz. Meine anderen Advent of Code-Lösungen sind halt da. Neuere Projekte packe ich üblicherweise woanders hin).

Es gibt übrigens wie in den letzten Jahren auch Advent of Code-Comics von Gary Grady. Früher hat er die auf Twitter getweeted, mittlerweile ist Grady glücklicherweise auf Mastodon umgestiegen.

Notizen von Congressen und Camp

Ich war seit 2015 jedes Jahr auf dem Chaos Communication Congress. Sofern der statgefunden hat, es gab da drei magere Jahre wegen der COVID-19-Pandemie. Letztes Jahr war ich auf auf dem alle vier Jahre stattfindenden Chaos Communication Camp (ich habe dazu auch gelegentlich etwas geschrieben, über die Tags am Ende des Artikels sollte das auffindbar sein).

Ich habe mir bisher jedes Jahr Notizen gemacht, zu vielem was ich dort interessant fand. Die meisten Notizen habe ich hinterher nicht mehr gelesen, das war so ein bisschen wie mit Spickzetteln: Alleine dass man es aufgeschrieben hat sorgt dafür, dass man sich besser erinnern kann. Ein paar dieser Notizdateien habe ich heute noch irgendwo herumfliegen.

Dieses Jahr ist der 38C3, und ich habe es mit Müh und Not geschafft, ein Ticket zu bekommen. Es geht also wieder los. Und da mir gestern noch einmal eine der Notizdateien von vergangenen Congressen aufgefallen ist, dachte ich mir, ich schreibe hier einfach mal, was da so drin stand. Leider habe ich nocht alle Dateien gefunden, und ich erinnere mich auch, manche dieser Dateien bearbeitet zu haben (i.d.R. weil es eine Art ToDo war und ich das abgehakt hatte). Personenbezogene Daten schreibe ich hier natürlich auch nicht hin. Als Bonus gibt es aber zu den Congressnotizen auch Notizen vom Chaos Communication Camp letztes Jahr.

In allen Fällen kann es sein, dass ich über die Sachen in diesem Blog schon einmal geschrieben habe. Dann wiederhole ich mich halt. Der Inhalt hier ist auch wild durcheinandergewürfelt, wer einen gut geschriebenen Artikel möchte, sollte diesen hier nicht lesen.

33C3

Von meinem ersten Congress, dem 32C3, habe ich leider keine Notizen mehr gefunden. Vielleicht sind die noch irgendwo, aber nicht da, wo ich gesucht habe. Also direkt zum 33C3. Die Notizen sind meist Stichpunkte, weil ich sie schnell auf einem Smartphone geschrieben habe. Ihr kriegt die Version mit etwas Interpretation meines heutigen Ichs:

  • „kein Spiel“: Hier ging es darum, dass es auf dem 33C3 kein Spiel gab. Ich bin ständig Leuten begegnet, die herumgelaufen sind und es nicht gespielt haben. Ich selber habe mich aber nie näher damit beschäftigt, kann also nicht mehr dazu sagen
  • anscheinend war mir das Matrix-Protokoll damals neu, ich hatte mir das aufgeschrieben, um mich damit auseinanderzusetzen. Der 38C3 hat übrigens auch einen Matrix-Chat
  • „löten“: Ich wollte mich mal wieder mehr mit Elektronik beschäftigen, oder einfach auf dem Kongress etwas zusammenlöten
  • „n26“: Es gab einen Vortrag zu Sicherheitslücken bei N26, einer reinen Online-Bank
  • fairSIM, ein Projekt zu freien Algorithmen und anderen Resourcen zu Structured Illumination Microscopy. Davon habe ich wohl in einem Vortrag, möglicherweise auch in einem lightning talk gehört und fand es cool.
  • greenlightformakers.org
  • „feinstaubmessung“, ich glaube, da ging es um förderierte Feinstaubmessungen, möglicherweise luftdaten.info
  • „attraktor hamburg“, ein Makerspace in Hamburg. Ich wollte mir das mal anschauen. Ich habe siebeneinhalb in Hamburg gelebt und habe das nie durchgezogen. Ich erinnere mich, dass die an der Assembly des Attraktors eine Live-Cam von einem Ameisennest in irgendeinem Blumenkübel hatten.
  • spresso.me, ein dezentraler, datenschutzfreundlicher single sign-on. Hauptproblem bis heute: fast keine Seite, bei der man sich mit SSO einloggen kann, unterstützt das.
  • „http referrer“ – keine Ahnung, warum ich das aufgeschrieben habe. Vermutlich, um mal Datenschutzkrams zu checken
  • ein paar Links zu Seiten, die jetzt tot sind und ich habe keine Ahnung mehr, was das war
  • einen Raspberry Pi mit Power over Ethernet betreiben
  • „ingenico coupon security“ – vermutlich habe ich von irgendwelchen Sicherheitsproblemen mit Gutscheinen oder bei Ingenico gehört. Da unser Kunde auch Ingenico-Geschenkkarten benutzt, wollte ich da wohl was überprüfen
  • Maker Faire Ruhr. Ich bin nie da hingegangen
  • ich wollte mir mal die Food Hacking Base-Assembly anschauen
  • nach einem Vortrag (oder lightning talk) wollte ich mir mal wieder das von der Anno-Reihe inspirierte Spiel Unknown Horizons anschauen
  • dasselbe gilt für openage, nur kann ich mich hier noch an Fetzen des Talks erinnern, es ging um das Format, indem sie Daten abgelegt haben so dass das Spiel gut modifizierbar ist. Heute wird openage auf der Website nicht mehr als von Age of Empires inspiriertes Spiel präsentiert, sondern als „cross-platform RTS game engine that provides the mechanics of Age of Empires“. Scheint, als wären sie noch mehr in die Richtung von „gut modifizierbar“ gegangen.
  • tomu.im „a group of tiny boards designed to fit inside your USB port“. Daran erinnere ich mich überhaupt nicht mehr, aber ich verstehe, warum ich mir das aufgeschrieben habe
  • keyless klau, über unsichere elektronische Schließsysteme, speziell Keyless-Go/Keyless-Entry bei Autos
  • Techniktagebuch, ein Blog, dass ich mir noch anschauen muss.
  • ein Twitter-Benutzername. Bei der Shitshow, die Musk aus Twitter gemacht hat, traue ich mich nicht, nachzuschauen (ohne Login kriegt man sowieso nicht mehr viel angezeigt)
  • „datassette“ – vermutlich steckte dahinter mehr als nur ein plötzliches Interesse an diesem archaischen Speichermedium
  • lisamission.org LISA: „Laser Interferometer Space Antenna“. Auf dem 33C3 gab es eine Menge Astronomie- und Raumfahrttalks
  • „Michael Büker (Buch)“ Der Typ ist Wissenschaftskommunikator, ich glaube, ich habe nie eins der Bücher gelesen
  • Damals war gerade meine Leidenschaft für rust entflammt, und Dropbox hatte gerade berichtet, gute Erfahrungen mit rust gemacht zu haben
  • neveragain.tech, eine Absichtserklärung von Angestellten von US-Technikunternehmen, ihre Unternehmen dazu zu bringen, Datensparsam zu betreiben, insbesondere im Rückblick auf die Tatsache, dass IBM mit ihren Lochkartenmaschinen geholfen haben, den Holocaust zu organisieren

34C3

Uff… so viele Erinnerungen, so viele interessante Dinge, die ich nie weiter verfolgt habe… Naja, die Notizen vom 34C3 sind, glücklicherweise oder unglücklicherweise, deutlich kürzer

  • Der Lizenzhinweisgenerator, um korrekte Lizenzhinweise für CC-lizensierte Inhalte von Wikipedia zu erzeugen
  • ein Hinweis zu interessanter eInk-Technik (mittlerweile veraltet)
  • „ipfs“ „Interplanetary File System“, in dem Jahr hatte die katalanische Piratenpartei das genutzt, um gesperrte Websites zum katalanischen Unabhängigkeitsreferendum online zu halten
  • Borg Backup, damals war ich auf der Suche nach einem brauchbaren Backup-Tool
  • Telefonnummern (Congressintern) und Matrix-Adressen von Freunden und Bekannten auf dem Congress
  • PrivacyScore, ein Tool, um Datenschutz auf Websites abzuschätzen. Das Projekt sieht zuemlich tot aus, seit Jahren (seit 2018) ist nichts daran passiert
  • ein Hinweis auf das Buch „Dinge geregelt kriegen - ohne einen Funken Selbstdisziplin“ von Kathrin Passig und Sascha Lobo
  • eine Erinnerung, dass ich endlich meinen Freifunkrouter aufstellen muss, der seit Jahren in meiner Wohnung Staub sammelt

Chaos Communication Camp 2023

Für den 35C3 und den 36C3 habe ich keine Notizen gefunden. Also springen wir fünfeinhalb nach vorne, zum Chaos Communication Camp. Hier weiß ich, dass ich ein paar erledigte Sachen gelöscht habe, aber ich habe ja auch schon mehrere Artikel über das Camp geschrieben.

  • Dect-Nummern von Freunden und Bekannten
  • basebanana.org, benutzt „banana words“ (Wörter, in denen alle Silben aus einem Konsonanten und einem Vokal bestehen, so wie „Banane“) um Nummern, Zahlen oder ähnlich schwierig zu merkende Daten in ein einfach auszusprechendes Wort zu übersetzen (und zurück). Ich wollte das mal in Rust implementieren, bin aber bisher noch nicht dazu gekommen.
  • Notizen zu lightng talks, die ich nicht mehr einordnen kann
  • Open Steno Project, ein Projekt, Stenografie freier und zugänglicher zu machen
  • StopDataPorn, eine Initiative, Daten über sexuelle Vorlieben von Internetnutzern besser zu schützen
  • ich hatte zwei Mal das Wort „hanggliding“ ohne Kontext und habe keine Ahnung, was ich damit gemeint habe
  • ein lightning talk über bug bounty triage, eine Hackerin, die gemeldete Bugs überprüfen muss, ob sie einer Bug Bounty würdig sind
  • Datenschutzmythen
  • „chatkontrolle“
  • Notizen von einem Workshop zu Pen & Paper-Rollenspiel-Sicherheit bei den Haecksen, wenn ich das richtig verstanden habe ist die Haeckse, die den Workshop gemacht hat, auch am Podcast „Plus 1 auf Podcast“ beteiligt. In den Podcast muss ich einmal reinhören
  • Notizen zu den Hackern, die bei Chaos West die Anstecker gemacht haben, vermutlich, damit ich ihnen eine Karte per Chaospost schicken konnte
  • Verweis auf einen WLAN-Ausfall (oder Netzwerkausfall allgemein?) gegen 21:00 Uhr an Tag 4. Am nächsten Tag stellte sich heraus, dass die Italian Hacker Embassy dafür verantwortlich war
  • Tipps vom LaTeX-Helpdesk zu meinem persistenten Problem, dass ich keine vollständige Unicode-Unterstützung in LaTeX kriege. Hinweis: Mit spezieller Schriftart müsste das gehen, bei luatex eigentlich sogar out of the box

37C3

  • Links zur Euclid-Mission
  • vermutlich nach einem Talk zum Extremely Large Telescope (hieß früher „European Extremely Large Telescope“, bis jemandem aufgefallen ist, dass es nicht in Europa steht sondern in Südamerika): Der Hinweis, dass die Leute von dem Talk bei der SFT Assembly zu finden seien. Ich kann mich nicht erinnern, mit ihnen gesprochen zu haben, vermutlich habe ich sie nicht gefunden
  • „kill your phone workshop“, wo man sich eine Abschirmung für sein Smartphone zusammennähen kann. Nicht gegen irgendwelchen geschwurbelten Elektrosmog, sondern als Privacy-Tool
  • Stichworte, mit denen ich nichts mehr anfangen kann (wie immer)
  • meine Dect-Telefonnummer
  • Stichpunkte aus den lightning talks, darunter
    • InvenTree, eine OpenSource Inventar-Management-Software für Firmen und Privatanwender
    • saildart.org
    • Pocket Science Lab, ein Sammelsurium von Messgeräten auf einem Board, kann mit Smartphones verbunden werden, mit normalen Computern und die neueste Version kann auch ohne Verbindung Daten sammeln, um sie dann später abzufragen. Entwickelt von FOSSASIA. Klingt cool, ich will mir noch eins besorgen, das neue Modell konnte man damals aber noch nicht bestellen
    • Nationale Forschungsdateninfrastruktur](https://www.nfdi.de/)
    • „task tracker systems“, vermutlich jemand, der über task tracker geredet hat?
    • FIM, ein image viewer, der mit sehr verschiedenen Outputs arbeiten kann
    • analog computer
    • Das @all-Kollectiv
    • lernOS
    • der Schlüsseltechnologie-Podcast
  • ein Haufen ToDos, teils für den Congress, teils für die Zeit danach, die ich mittlerweile größtenteils abgearbeitet habe, darunter auch ein Verweis auf den Ultimate Gameboy Talk vom 33C3, den ich zufälligerweise unabhängig davon vor Kurzem endlich angeschaut habe.
  • Digitaldruide, eine Parodie auf Esoterik-Shoppingseiten, die bieten z.B. Code-Segnungszertifikate an. Dazu gab es eine Menge Aushänge auf dem Congress
  • und eine ToDo-Liste, was ich für den nächsten Congress vorbereiten muss. Ganz oben steht natürlich Pixelflut

Name: Ungültig

Manche Dinge sind ja leider ein Dauerbrenner. So zum Beispiel das, was Websites als „gültige“ Namen akzeptieren. Da wird dann Menschen einfach gesagt, ihr Name sei ungültig. Jemand namens Jan Stępień hat jetzt eine Website mit Screenshots angelegt, die das über seinen Namen behaupten.

Weitere Resourcen zu diesem Thema:

Wie der letzte Eintrag auf der Liste schon zeigt: Vor zwanzig Jahren gab es schon keine Entschuldigung mehr, wenn dein Code nicht mit Unicode klarkommt. Vor dreißig Jahren vielleicht noch, vor zwanzig Jahren nicht.

Wir übrigens „Falsehoods programmers believe about names“ und „I can text you a pile of poo but I can't write my name“ zeigen, sind selbst mit perfekter Unicodeunterstützung nicht alle Fälle abgedeckt. Z.b. weil die Person keinen Namen hat, oder sich der Name in Unicode nicht korrekt schreiben lässt. Die Lösung ist einfach: Macht das Namensfeld optional. In den allermeisten Fällen braucht man nicht unbedingt einen Namen. Es hilft oft, z.B. damit ein Paket richtig ankommt, aber meist gibt es auch andere Optionen.

John Oliver über einen potentiellen Tiktok-Bann in den USA

Ich fand es immer lustig, dass die US-Regierung (erst unter Trump, dann aber auch unter Biden) sich so über die Sicherheit und den Datenschutz der US-amerikanischen Tiktok-Benutzer Sorgen macht, während zur gleichen Zeit Google, Facebook, Twitter, Microsoft und die anderen Internetriesen in den USA genau das Gleiche machen.

Hier in Europa versuchen wir ja, dem Einhalt zu gebieten, aber das funktioniert mehr schlecht als recht. Max Schrems hat es ja zum Beispiel geschafft, das Safe Harbor-Abkommen zu kippen. Die EU hat dann panisch ein weiteres Abkommen eingerichtet, was dann ein paar Jahre später wieder gekippt wurde, weil es im Prinzip das Gleiche wie das Safe Harbor-Abkommen war. Jetzt sind wir beim Nachfolger davon, mal sehen, wie lange der durchhält.

Die USA hat auch Angst, dass die chinesische Regierung Daten über US-Bürger abrufen kann. Während ihre eigenen Geheimdienste das seit Jahren mit amerikanischen Konzernen machen, i.d.R. unter einer Knebelverordnung, die es den Konzernen nicht erlaubt, in der Öffentlichkeit über die Abfragen zu reden (es gibt Wege, das zu umgehen, aber das muss man vorher einleiten und hoffen, dass es jemandem auffällt).

Mit anderen Worten: Die Aufregung der USA ist pure Heuchelei. Ich meine, die haben Recht, sollten aber lieber erst einmal vor ihrer eigenen Tür kehren.

John Oliver hat dem aufkommenden Tiktok-Bann jetzt eine Folge gewidmet, in der er u.a. auch diese Heuchelei aufzeigt. Die Folge ist sehenswert.

Infoscore: Lilith Wittmann hat wieder zugeschlagen

Lilith Wittmann hat wieder zugeschlagen und bei Infoscore gravierende Lücken entdeckt. Infoscore ist so eine Auskunftei wie die Schufa.

Und „gravierende Lücken“ ist in der Größenordnung von: „wenn man bei der Kontoanlegung ein Flag mitschickt, dass der Benutzer bereits verifiziert wurde, wird das angenommen und man kann ohne Verifikation eine „Selbstauskunft“ für beliebige Menschen machen.

botsin.space ade

Ich hatte ja dieses Jahr ja schon ein paar Mal über Mastodon und Bots auf Mastodon geschrieben. Zum Beispiel über den Endless Scream Generator, der nach der Wiederwahl von Trump wichtiger ist denn je.

Viele Mastodon-Bots sind auf der Mastodoninstanz botsin.space gehosted. Nun hat leider die betreibende Person das Ende dieser Instanz angekündigt. Gründe sind Zeit und Kosten.

Ich hoffe mal, dass die dort ansässigen Bots es alle schaffen, rechtzeitig umzusiedeln. Der Endless Screaming Generator hat es noch nicht geschafft (es wurde aber angekündigt), der Foxes in Love-Comicbot ist schon umgezogen.

Nature cannot be fooled

Am 28. Januar 1986 zerbrach die Challenger, eines der Space Shuttles, 73 Sekunden nach dem Start. Daraufhin gab es eine große Untersuchung, wie es dazu kommen konnte. Es stellte sich heraus: Warnungen von Ingenieuren über die Kälteempfindlichkeit von Dichtungsringen wurden ignoriert, weil man den Start aus PR-Gründen nicht verschieben wollte.

Der berühmt-berüchtigte Physiker Richard Feynman, der im Untersuchungsausschuss saß, schrieb im Bericht über das Unglück:

For a successful technology, reality must take precedence over public relations, for nature cannot be fooled.

(Wer das Blog hier schon länger liest: Das war auch mal eins meiner ständig wechselnden Zitate auf der Startseite).

Warum erzähle ich das gerade? Weil das gleiche Prinzip auch für den Klimawandel gilt. Wenn wir nicht jetzt etwas gegen den Klimawandel tun, egal wie teuer das wird, dann werden wir das, was wir jetzt einsparen in den kommenden Jahrzehnten um ein Vielfaches extra ausgeben. Da hilft keine PR und kein Kleinreden. Es. Wird. Passieren. Und es kommt mir so vor, als ob große Teile der deutschen Politik das nicht verstanden haben.

Und damit meine ich nicht die AfD, bei der ist sowieso alles verloren. Die leugnen den Klimawandel insgesamt, bei deren Wählern ist der Realitätsabstand in etwa so groß wie bei den Flacherdlern oder den Trump-Anhängern. Ich meine die anderen Parteien, vornehmlich die CDU/CSU und die FDP. Auch die anderen Parteien beckleckern sich hier nicht mit Ruhm, und auch bei den C-Parteien und der FDP gibt es vermutlich vereinzelt Leute, die das Problem ernst nehmen, aber im Großen und Ganzen haben wir ein Problem.

Verkehrswandel

Beim Verkehrswandel zum Beispiel: Wir wollen den Individualverkehr mit Autos verringern, weil der sehr energieineffizient ist. Das, was überbleibt, wollen wir auf Elektromotoren umstellen, weil die energieeffizienter sind und sich mit Strom aus erneuerbaren Quellen laden lassen.

Der erste Teil (Verringerung) muss duch mehrere Aspekte geschehen. Wir müssen die Alternativen zum Autofahren attraktiver machen als das Autofahren. Zwei Hauptalternativen: ÖPNV und Fahrräder. Beim ÖPNV haben wir das Deutschlandticket. Das war ein voller Erfolg. Nur soll das jetzt teurer werden. Damit wird es wieder unattraktiver. Auf der anderen Seite war es so erfolgreich, dass die CDU in Hessen es am liebsten ganz abschaffen wollte und ein paar Bundesländer jetzt den ÖPNV-Fahrplan kürzen wollen. So wird das nichts. Die Leute werden halt wieder auf die Autos umsteigen, außer denen, die es nicht können. Klar kostet es Geld, den ÖPNV zu unterhalten. Aber es ist eine verdammte Investition, damit uns nicht DIE FUCKING WELT ABBRENNT!

Auch bei den Fahrrädern sieht es nicht gut aus. Die Niederlande zeigen, wie man gute und sichere Fahrrad- und Fußgängerinfrastruktur baut. Und ironischerweise macht das auch das Autofahren angenehmer. Win-Win. Das kommt nicht von ungefähr, die haben da Jahrzehnte dran gearbeitet. Und Erfahrungen gesammelt. Wenn wir und bei deren Erfahrungen bedienen, können wir das viel leichter machen (es wird trotzdem lange dauern, deswegen müssen wir jetzt anfangen). Was passiert stattdessen? Jedes Mal, wenn eine Fahrradstraße eingerichtet werden soll, beschweren sich die anliegenden Geschäfte, weil sie Angst haben, das ihnen die Kunden wegfallen. Und hinterher freuen sich die anliegenden Geschäfte, weil sie mehr Kunden haben als vorher. In Berlin wurden Radwegprojekte komplett gestoppt, weil die armen unprivilegierten Autofahrer ja so unter ihnen leiden müssen. Wo ich wohne, wird gerade eine große Kreuzung neu gemacht. Die Radwege? Auch wieder nur aufgemalt, teilweise zwischen den Autospuren. Sicher fühlt man sich als Radfahrer so nicht. Und wenn man sich nicht sicher fühlt, steigt man auch weniger gerne aufs Rad.

Und der Umstieg auf Elektromobilität? 2019 sagte der damalige Bundesvorsitzende der Grünen, Robert Habeck:

Wenn Sie 2025 kein E-Mobil für unter 20.000 Euro anbieten, dann werden Sie – so fürchte ich – im Markt scheitern

„Sie“, das war der VW-Chef. Jetzt haben wir 2024, und VW ist am Markt gescheitert. Die Chinesen schaffen es nämlich, günstige Elektroautos anzubieten. VW nicht. Jetzt kaufen die Chinesen keine VWs mehr, und die Deutschen kaufen chinesische Autos. Da hilft es jetzt auch nicht, VW staatslich unter die Arme zu greifen oder einen Zoll auf chinesische Autos zu setzen. Insbesondere letzteres würde für Rachezölle aus China sorgen und die VWs in China noch teurer machen. Auch hier wird an der Realität vorbeigearbeitet.

Und dann die Diskussionen über Wasserstoff und E-Fuel. Mai Thi Nguyen-Kim hat das hier mal gut erklärt: Mit einfacher Schulphysik kann man zeigen, dass Wasserstoff und insbesondere E-Fuel viel energieineffizienter sind. Und wir brauchen den Wasserstoff für andere Sachen, z.B. zur Stahlherstellung. Den in Brennstoffzellen zu verheizen wäre Verschwendung. Auch wenn wir alles auf erneuerbare Energien umgestellt haben, haben wir nur begrenzt davon. Und E-Fuels und Verbrennermotoren werden nicht signifikant effizienter werden. Das ist einfach nicht möglich. Wir haben eine halbwegs effiziente Möglichkeit, mit Strom zu fahren: Batterien und Elektromotor. Der einzige Grund, warum man E-Fuels fördern sollte ist, um den Wählern vorzugaukeln, man könne mit den Autos so weitermachen wie bisher. Das ist es wieder: PR vor Realität.

Realität muss schwerer wiegen als PR

Der Verkehr ist nur ein Beispiel. Wenn man sich in der Klimapolitik umschaut, trifft man überall auf solche PR-vor-Realität-Politik. Das funktioniert vielleicht eine Weile. Aber wenn uns das auf den Fuß fällt, dann richtig. Wie beim Challenger-Unglück: Hätte man den Start noch einmal verschoben, wäre das schlechte PR gewesen. Also hat man ihn nicht verschoben und das Leben der Astronaut_innen verspielt. Hätten wir uns vor 25 Jahren ordentlich um den Klimawandel gekümmert, müssten wir heute nicht so drastische Einschnitte machen. Wenn wir heute nicht die drastischen Einschnitte machen, müssen wir in zehn Jahren um so drastischer eingreifen. Das wäre dann noch schlechtere Publicity, also wird das auch nicht gemacht. Am Ende würden Millionen bis Milliarden Menschen daran sterben (keine Übertreibung). Alles nur, weil wir heute aus PR-Gründen keine realitätsorientierte Politik machen. Die Natur kann man nicht hereinlegen.

Sogenannte Alternativmedizin

Vor ein paar Tagen hatte ich ein Gespräch mit einer Bekannten. Da ging es u.a. um sinnvolle, evidenzbasierte Therapien. Aber, sagte die Bekannte, die nach eigenen Angaben auch nichts von Anthroposophie hält, wenn ich Heileurythmie nicht wenigstens in Betracht ziehe, würde ich mir eine Chance nehmen.

Diese Bekannte war mir früher schon einmal mit ihrer Haltung zu sogenannter Alternativmedizin wie z.B. Homöopathie aufgefallen. Zu einer Diskussion darüber war ich in diesem Moment nervlich nicht in der Lage, ich habe es aber nur teilweise geschafft, die Diskussion abzublocken. Jetzt muss ich einmal in Ruhe meine Argumente sammeln, damit ich geistig wieder mit dem Thema abschließen kann. Deswegen dieser Blogpost.

Evidenzbasierte Medizin

Die heutige Medizin arbeitet evidenzbasiert. Das bedeutet erst einmal: Wenn ein Medikament, eine Behandlung, ein Impfstoff oder was auch immer eingesetzt werden soll, muss vorher gezeigt werden, dass es auch wirklich funktioniert. Die Idee dahinter ist ganz einfach: Wenn es eine Wirkung hat, kann man sie irgendwie nachweisen. Wenn es keine Möglichkeit gibt, eine Wirkung nachzuweisen, dann muss man davon ausgehen, dass es keine Wirkung gibt. So wie das unsichtbare rosafarbene Einhorn oder Russels Teekanne. Wenn Menschen durch etwas geheilt werden können, kann man nachweisen, dass Menschen geheilt wurden.

In der Praxis ist so ein Nachweis natürlich schwieriger. Zum einen gibt es verschiedene Möglichkeiten, warum jemand sich von einer Krankheit erholt. Es kann natürlich das Medikament sein. Es kann auch sein, dass sich der Körper von selber erholt. Selbst bei schweren Krebserkrankungen gibt es vereinzelt Fälle, in denen die Erkrankung einfach verschwindet (nennt sich Spontanremission). Deswegen braucht man viele, viele Fälle, in denen man das Medikament testet, um eine Wirksamkeit statistisch festzustellen.

Wie macht man so einen Test? Grundsätzlich würde man in der Wissenschaft zwei Testgruppen nehmen, eine ohne Behandlung und eine mit Behandlung. Abgesehen von ethischen Problemen gibt es hier aber ein sehr praktisches Problem: den Placeboeffekt: Allein die Tatsache, dass jemand so tut als ob er jemanden behandle kann dazu führen, dass sich die behandelte Person danach besser führt. Also muss man die zu testende Methode in der Medizin nicht gegen die Abwesenheit einer Behandlung, sondern gegen eine Placebobehandlung durchführen, ohne den Patienten zu sagen, was sie gerade bekommen (Blindstudie). Nur, wenn die Methode über den Placeboeffekt hinaus wirkt, kann man behaupten, dass die Methode wirklich wirksamm ist.

Die Probleme hören da nicht auf. Schließlich sind Wissenschaftler_innen und Ärzt_innen auch nur Menschen, und Menschen sind sehr gut darin, sich selbst hereinzulegen. Also macht man üblicherweise Doppelblindstudien, also weder Patient noch Arzt wissen, ob gerade ein echtes Medikament verabreicht wird. So werden die Beobachtungen der Ärztin nicht von eventueller Voreingenommenheit für oder gegen die Behandlung beeinflusst.

Das ist erst der Anfang, und in der Praxis ist das alles noch komplizierter. Wenn man in der Bewertung einer wissenschaftlichen Studie von „methodischen Mängeln“ liest, dann sind das oft irgendwelche Effekte, die dafür sorgen, dass die Vorgeingenommenheit der Wissenschaftler_innen (unbewusst) in das Ergebnis eingeflossen ist.

Der Begriff „Schulmedizin“

Evidenzbasierte Medizin wird oft als „Schulmedizin“ bezeichnet. Der Begriff tauchte in der deutschen Sprache laut Wikipedia zuerst im späten 19. Jahrhundert auf und wurde von Homöopathen als abwertender Begriff für naturwissenschaftlich- evidenzbasierte Medizin verwendet. Die Nazis griffen den Begriff später auf um ihn, wie die Nazis es gerne mal taten, in einem antisemitischen Kontext zu verwenden. Ihrer Ansicht nach war die Medizin „verjudet“ und solle durch „deutsche Medizin“ oder dergleichen ersetzt werden.

Bis heute wird der Begriff Schulmedizin hauptsächlich von den Anhängern sogenannter Alternativmedizin verwendet, um sich von ihr abzugrenzen.

Alternativen?

Der evidenzbasierten Medizin stehen unzählige Verfahren entgegen, die oft unter dem Begriff „Alternativmedizin“ zusammengefasst werden. Oft wird hier suggeriert, dass diese alternativen Verfahren viel sanfter und sicherer seien als die „Schulmedizin“, welche von „Big Pharma“ kontrolliert werde. Lustigerweise kann man das Wort „alternativ“ hier auch wirklich negativ interpretieren: Wenn der Kern der evidenzbasierten Medizin, die, nun ja, Evidenz, der Nachweis der Wirksamkeit ist, dann ist der Kern von Alternativmedizin, dass sie keinen Wirkungsnachweis hat.

Wisst ihr, wie man Alternativmedizin nennt, deren Wirksamkeit bewiesen wurde? Man nennt die Medizin.

Ich lesen dann oft jede Menge Ausglüchte, warum die Wirksamkeit nicht nachgewiesen werden kann, da wird dann von Erfahrungswerten gesprochen, ein beliebter Satz ist: „Bei mir hat es aber funktioniert!“. Auf solche Argumente gehe ich später noch einmal ein. Schauen wir und erst einmal ein paar gängige alternativmedizinische Lehren an.

Traditionelle chinesische Medizin

Traditionelle chinesische Medizin (TCM) ist ein Mischmasch aus verschiedenen historischen Behandlungsformen aus China (China ist groß und hat eine lange Geschichte). Unter Mao Zedong wurde sie dann ganz groß herausgebracht, irgendwo [citation needed] habe ich auch mal gelesen, dass das daran lag, weil es zu wenige echte Ärzte gab, um die Bevölkerung zu versorgen.

Die meisten Behandlungsmethoden davon haben keinen oder nur unzureichenden Wirksamkeitsnachweis. Es gibt das eine oder andere wirksame Mittel, das wissenschaftlich untersucht und deren aktive Bestandteile extrahiert werden konnten. Das ist jedoch kein Erfolg für die TCM, sondern für die evidenzbasierte Medizin.

Akkupunktur

Die Akkupunktur basiert, wie andere Teile der TCM auch, auf dem Konzept des Qi. Was das genau ist, ist recht kompliziert, aber die Akkupunktur basiert wohl darauf, mit Nadeln, die an bestimmten Stellen in die Haut gestochen werden, das Qi eines Menschen zu beeinflussen.

Lustigerweise konnten Studien keinen Unterschied zwischen den offiziellen Einstichpunkten und zufällig ausgewählten Einstichpunkten feststellen. Wenn ich es richtig verstanden habe gibt es aber abgesehen davon zumindest ein paar Erfolge in der Schmerztherapie. Das könnte aber auch einfach daran liegen, dass der Körper bei den Einstichen der Nadeln Endorphine zur Schmerzunterdrückung freisetzt.

Homöopathie

Die in Deutschland am weitesten verbreitete Alternativmedizin ist meines Wissens die Homöopathie. Die wurde Ende des 18. Jahrhunderts von Samuel Hahnemann begründet. Evidenzbasierte Medizin gab es damals praktisch nicht, und so war die Homöopathie damals tatsächlich wirksam, weil sie anstelle von Praktiken wie dem Aderlass durchgeführt wurde.

Die Homöopathie beruht auf zwei Annahmen:

  1. Eine Krankheit kann durch ein Mittel geheilt werden, das dieselben Symptome hervorruft wie die Krankheit
  2. je mehr man das Mittel verdünnt, desto stärker ist die Wirkung

Diese Kernannahmen alleine schon sollten disqualifizierend sein. Sie kommen nämlich praktisch aus dem Nichts. Heutzutage werden homöopathische Mittel oft so weit verdünnt, dass statistisch gesehen kein einziges Molekül des ursprünglichen Mittels mehr im Ergebnis sind. Da wird dann argumentiert, dass Wasser ein Gedächtnis habe und sich so an das Mittel erinnern könne. Spätestens da widerspricht das der Physik. Und auch dem sogenannten gesunden Menschenverstand (der, wie ich hinzufügen sollte, allerdings üblicherweise kein guter Ratgeber in der Wissenschaft ist und eher für alltägliche Situationen eingesetzt wrden sollte): Wieso kann sich das Wasser an das bisschen Quecksilber erinnern, hat aber den ganzen Kot vergessen, der irgendwann einmal mit ihm vermischt war?

Die Diskussion über den Wirkmechanismus geht aber eigentlich am Thema vorbei. Denn nur weil wir keine Erklärung dafür haben, wie es wirkt, heißt das ja noch nicht, dass es nicht wirkt. Und wirkt es?

Natürlich nicht. Homöopathie wirkt nicht über den Placeboeffekt hinaus.

Heileurythmie

Heileurythmie ist von Rudolf Steiner Rahmen seiner Anthroposophie erfunden worden. Steiner war Hellseher, und die Anthroposophie ist im Prinzip ein Sammelsurium seiner Lehren. Heileurythmie basiert auf dem Bild von Seele und Geist (oder Astralkörper oder so, ich stecke da nicht so tief drin) der Anthoposophie. Durch die richtigen rhytmischen Bewegungen soll das alles wieder ins Gleichgewicht gebracht werden oder so.

Studienlage ist auch hier: Kein Nachweis. Es gab Metastudien der Universität Witten-Herdecke. Das ist eine anthroposophische Uni, doch zur Ehrenrettung der beteiligten Wissenschaftler muss man sagen: Die haben sich davon nicht beeinflussen lassen, das Ergebnis war:

Indications, study designs and the usage of additional treatments within the identified studies were quite heterogeneous. Despite of this, EYT can be regarded as a potentially relevant add-on in a therapeutic concept, although its specific relevance remains to be clarified. Well performed controlled studies on this unique treatment are highly recommended.

Kurz: Spezifischen Wirksamkeitsnachweis gibt es nicht, Studienlage ist schlecht, aber vielleicht ist ja potentiell doch etwas dran.

Häufige Argumente für Alternativmedizin

Wie versprochen auch ein paar der häufigsten Argumente für Alternativmedizin, und warum sie Bullshit sind:

„Es hat keine Nebenwirkungen!“

Abgesehen davon, dass selbst Homöopathika vereinzelt Vergiftungen auslösen: Es ist natürlich leicht, keine Nebenwirkungen zu haben, wenn es auch keine Wirkung gibt. Was sich nicht auf den Körper auswirkt, kann sich auch nicht negativ auswirken. Die Nebenwirkung wäre höchstens, dass keine echte Therapie durchgeführt wird. Bei einer Erkältung: Kein Problem. Bei Krebs? Potentiell tödlich.

„Aber bei mir hat es doch funktioniert! Und bei meinem Hund!“

Entschuldigung, aber das ist kein Argument. Woher willst du wissen, dass die Krankheit nicht auch so vorbeigegangen wäre? Es kann einfach Zufall sein. Vielleicht auch der Placeboeffekt. Wir sind alle nur Menschen, und selbst solche Dinge wie Erinnerungen täuschen gerne. Vielleicht erinnerst du dich eher an die Fälle, in denen die Zuckerkugel mutmaßlich hat und vergisst die Fälle, in denen sie nichts gebracht hat? Das ist menschlich, so funktioniert unser Gehirn halt.

„Aber mein Heilpraktikant hört mir wengistens zu“

Auch kein Argument für Alternativmedizin, aber wir sollten umgekehrt unser Gesundheitssystem so anpassen, dass sich echte Ärzte auch Zeit für ihre Patienten nehmen können.

„Aber die Krankenkasse bezahlt es doch, also muss es wirksam sein“

Das kann auch politische oder Marketinggründe haben, weil z.B. Homöopathie so beliebt ist.

„Big Pharma will nur unser Geld und macht uns krank, um uns mehr Medikamente zu verkaufen“

Erst einmal ist das ein Verschwörungsmythos. Außerdem sind die Hersteller von Homöopathika auch „Big Pharma“.

Abschlussbemerkungen

In den letzten 150 Jahren hat sich die evidenzbasierte Medizin extrem weiterentwickelt. Wir können Diabetiker dauerhaft am Leben erhalten. Krebspatienten haben eine viel bessere Überlebenschance als früher. Selbst eine HIV-Infektion, die in meiner Kindheit noch als Todesurteil galt, kann mittlerweile so behandelt werden, dass AIDS fast vollständig verhindert wird. Und durch Imfpungen haben wir verdammt noch einmal die Pocken ausgerottet!

In derselben Zeit hat die Homöopathie (stellvertretend für andere Alternativmedizin, auf unterschiedlichen Zeitskalen) praktisch keine Fortschritte gemacht. Sie stagniert, das einzige, was mehr geworden ist sind die Studien, die ihre Wirksamkeit nicht beweisen können. Das, was der „Schulmedizin“ vorgeworfen wurde: Sie sei zu dogmatisch, zu unflexibel: Genau das ist die Homöopathie. Evidenzbasierte Medizin ist wissenschaftlich. Natürlich machen die Menschen da Fehler. Schlechte Studien, falsche Schlussfolgerungen, persönlicher Bias, der die Einführung einer besseren Therapie verzögert.

Aber der wissenschaftliche Hintergrund bedeutet eben, dass wir aus den Fehlern lernen können. Wenn die Wissenschaftler sagen: „Die Methode von vor 20 Jahren, die war schlecht, wir machen das jetzt anders“, dann bedeutet das nicht, dass die Wissenschaft nicht funktioniert, weil sie sich ja ständig umentscheidet. Es bedeutet im Gegenteil, dass sie funktioniert, weil sie auf der Basis neuer Evidenz ihre Meinung ändert.

PS: ich habe in diesem Artikel mit der Quellenarbeit ein bisschen geschludert, weil ich diesen Artikel endlich aus dem Kopf haben wollte. Deswegen einzelne Behauptungen von mir, die nicht mit einer Quelle versehen sind, gerne noch einmal überprüfen. Am großen Bild ändert das jedoch nichts.