Gerade geht die Meldung durchs Internet, dass Mustafa Suleyman, Manager bei Microsoft behauptet hat:
With respect to content that is already on the open web, the social contract of that content since the 90s has been that it is fair use. Anyone can copy it, recreate with it, reproduce with it. That has been freeware, if you like. That's been the understanding […].
Alo erst einmal ist das natürlich falsch. Rein rechtlich steht (vereinfacht gesagt) erst einmal alles, was man erschafft unter Urheberrechtsschutz. Man muss das nicht einmal extra erwähnen. Natürlich wird im Internet häufig kopiert und weiterverbreitet, aber streng genommen ist das nicht ohne Weiteres erlaubt. Vielen Nutzern ist es egal, wenn ihre Werke verbreitet werden oder sie freuen sich darüber. Memes zum Beispiel leben davon.
Wenn man aber zum Beispiel die Produktfotos in einem Onlineshop nimmt: Die gehören häufig noch dem oder der Fotograf:in. Ich habe vor ein paar Jahre mal ein Gespräch mit einem Kollegen geführt, dessen Lebensgefährtin Fotografin ist. Die leben davon. Firmen wie Tschibo lizenzieren dann die Bilder für ein paar Monate (weil es ihnen zu teuer ist, die unbegrenzt zu lizenzieren), vergessen, die Bilder nach Ablauf der Lizenz offline zu nehmen und kriegen dann Ärger von der Fotografin.
Zwei unterschiedliche Fälle, aber es gibt eine wichtige Gemeinsamkeit: Sobald irgendjemand versucht, Geld mit den nicht lizenzierten Werken zu machen, werden Leute oft sauer.
So wie zum Beispiel Bill fucking Gates himself, im Jahr 1976. Der war sauer, weil Computer-Hobbyisten seinen Basic-Interpreter untereinander unentgeltlich ausgetausch haben. Damals war das normal. Bill Gates hat proprietäre Software praktisch erfunden. Und war damit so erfolgreich, dass sich Richard Stallman genötigt sah, freie Software explizit als Gegenentwurf zu definieren.
Über nun fast 50 Jahre hat Microsoft alles getan, um ihr Urheberrecht and Windows & Co durchzusetzen, inklusive gängelnder Copyright- und DRM-Maßnahmen. Und jetzt stellt sich einer deren Manager hin und sagt, dass alles was offen im Web steht Freiwild ist? Das ist dreist.
Übrigens: Windows ist frei im Netz downloadbar (installieren ohne Lizenz wir vermutlich schwierig, aber darum geht es ja nicht).
Offene Lizenzen
Eine kleine Anmerkung noch: Natürlich gibt es auch jede Menge Leute, die explizit wollen, dass ihre Software oder ihre Werke frei geteilt werden. Um das zu ermöglichen gibt es freie Lizenzen wie z.B. die GPL für Software oder die Creative Commons-Lizenzen für andere Werke. Letztere sind eher ein Lizenzbaukasten, so kann man zum Beispiel kommerzielle Nutzung erlauben oder ausschließen.
Das Wichtig hier ist: Leute stellen ihre Werke absichtlich unter diese Lizenzen und wollen, dass sie geteilt werden.
Auch interessant: Manche dieser Lizenzen sehen vor, das Derivate ebenfalls unter einer freien Lizenz stehen müssen. Nach meinem Rechtsverständnis müsste also ein LLM oder ein Bildgenerator, der (u.a.) mit CC-lizenzierten Werken trainiert wurde, auch unter einer CC-Lizenz stehen.