Ich hatte ja vor Kurzem davon geschrieben, dass ich einen Antrag darauf gestellt habe, deren Glyphosat-Gutachten einsehen zu dürfen. Nun ja, jetzt habe ich Zugriff auf das Dokument bekommen. Dazu später mehr.
Aufgrund der ganzen Geschichte hat sich das BfR natürlich dazu genötigt gefühlt, eine Stellungnahme zu veröffentlichen. Dort geben sie erst einmal an, dass sie entgegen irgendwelcher Vorwürfe keinesfalls ein mögliches Krebsrisiko verschleiern wollen. Der Teil interessiert mich weniger. Ich habe nie angenommen, dass sie das wollen. Ich könnte das anhand des Gutachtens und der zugrundeliegenden Quellen auch nicht wirklich einschätzen, das ist nicht mein Fach.
Dann kommt der interessantere Teil:
Warum hat das BfR sein Urheberrecht geltend gemacht? Dritte dürfen grundsätzlich nicht das Werk eines anderen ohne dessen Zustimmung veröffentlichen. Verfasserinnen und Verfasser der Abhandlung sind wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BfR. Da es sich bei einer wissenschaftlichen Stellungnahme um einen geistig schöpferischen Akt einer wissenschaftlichen Institution handelt, liegt das Urheberrecht bei der Institution.
Das BfR nimmt somit seine Rechte als wissenschaftliches Institut wahr. Das Vorgehen ist für eine wissenschaftlich arbeitende und politikberatende Bundesbehörde von grundsätzlicher Bedeutung.
Ok, also technisch gesehen haben sie Recht. Das Urheberrecht ist auf ihrer Seite. Auf der anderen Seite: Das sind Wissenschaftler, die von unseren Steuergeldern bezahlt werden. Damit gehören imho die Verwertungsrechte Vater Staat, und damit indirekt uns allen. Ganz zu schweigen davon, dass es Wissenschaftler sind. Die machen Wissenschaft. Ein Kernpunkt der Wissenschaft ist, die Ergebnisse mit anderen zu Teilen, um darauf neue Erkenntnisse aufzubauen. Eben dieses Gutachten basiert ja selber auf anderen veröffentlichten Studien.
Außerdem: Was schadet es dem BfR, wenn ihre Gutachten, von dessen Korrektheit sie ja ausgehen, veröffentlicht wird? Das ist ein staatliches Institut, kein Unternehmen, dass darauf aufpassen muss, dass keine Betriebsgeheimnisse verloren gehen.
Weiter schreiben sie, dass sie in 2015 die Studie nicht veröffentlich haben, weil sie „Gegenstand des europäischen Genehmigungsverfahrens für Glyphosat waren“. Auch hier sehe ich eigentlich nicht ein, warum das dann nicht öffentlich sein darf, aber soweit ich weiß ist das so üblich.
Dann beteuern sie noch, wie wichtig ihnen Transparenz ist und „Aus Sicht des BfR ist ein uneingeschränkter Zugang der Öffentlichkeit zu wissenschaftlichen Informationen wünschenswert. Warum sie das nicht auf ihr eigenes Gutachten anwenden, erklären sie nicht.
Oh, und zu dem Gutachten. Sechs Seiten. Ich kriege sie nicht als maschinenlesbaren Text oder wenigstens als PDF. Nein, ich kriege das Gutachten als sechs JPEG-Bilder. Hinterlegt in hellgrau mit „Nur zum persönlichen Gebrauch“. Grässliche JPEG-Artefakte deuten darauf hin, dass man vielleicht besser ein anderes Bildformat hätte nehmen sollen. Oder direkt Text.
Und Ich schwöre euch, die haben sogar javascript auf der Seite eingebunden, um zu verhindern, dass man die Bilder mit der rechten Maustaste anklickt, um sie herunterzuladen. Für jeden, der einen minimalen technischen Hintergrund hat, ist das natürlich kein Hindernis.
Fassen wir also kurz zusammen: Es fehlt immer noch ein guter Grund, warum dieses Gutachten nicht veröffentlicht wird, dafür aber werden unsere Steuergelder dafür verwendet, es möglichst umständlich zu machen, dieses Dokument zu lesen. Oh, und es ist zusammengenommen etwa 1,5MB groß. Als Text wären es vermutlich wenige kB, als pdf einige mehr, aber immer noch wenig.